In der heutigen Arbeitswelt kommt es immer häufiger vor: Eine hochqualifizierte IT-Fachkraft kündigt – und plötzlich wird das Unternehmen aktiv. Ein Gegenangebot mit mehr Gehalt, besseren Arbeitsbedingungen oder einer schnellen Beförderung wird unterbreitet, um den Abgang doch noch zu verhindern. Doch warum ist es trotzdem oft klüger, das Gegenangebot abzulehnen?

Emotionale Reaktionen auf die Kündigung

Manchmal reagieren Vorgesetzte auf Kündigungen emotional. Einige Führungskräfte zeigen sich enttäuscht oder sogar gekränkt. Das kann sich in einer kalten, distanzierten Haltung äußern oder in einer Welle der Entrüstung. Wer bereits solche Situationen erlebt hat, weiß, dass dies nur die Richtigkeit der eigenen Entscheidung unterstreicht.

Anders ist es jedoch, wenn die Kündigung auf Verständnis trifft und mit einem attraktiven Gegenangebot verbunden ist. Solche Angebote sind professionell und kommen häufig vor. Viele Unternehmen versuchen, durch bessere Konditionen den Mitarbeitenden umzustimmen. Aus Sicht des Unternehmens ist dies auch verständlich, und die Versuchung, ein solches Angebot anzunehmen, kann groß sein.

Warum Unternehmen Gegenangebote machen

Es gibt verschiedene Gründe, warum Firmen IT-Fachkräften plötzlich bessere Angebote unterbreiten, nachdem diese bereits gekündigt haben:

  1. Hohe Kosten für eine Neubesetzung: Eine offene Stelle neu zu besetzen, kann ein Unternehmen zwischen ein und zwei Jahresgehältern kosten. Daher ist es oft günstiger, einem Mitarbeiter ein Gegenangebot zu machen, als den gesamten Einstellungsprozess erneut zu durchlaufen.
  2. Mangel an Fachkräften: In vielen Bereichen, insbesondere in der IT, herrscht Fachkräftemangel. Spezialisierte Fachkräfte sind rar, sodass Unternehmen alles daransetzen, qualifizierte Mitarbeitende zu halten.
  3. Echte Reue: Manchmal erkennt das Unternehmen erst bei der Kündigung, dass Dinge hätten besser laufen können – sei es in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Teamdynamik oder Wertschätzung. Das Gegenangebot kann ein Ausdruck aufrichtiger Bemühungen sein, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren.

Obwohl diese Gründe nachvollziehbar sind, sollten Sie gut überlegen, bevor Sie Ihre Entscheidung rückgängig machen. Es gibt drei zentrale Fragen, die Ihnen helfen können, die richtige Wahl zu treffen.

Drei wichtige Überlegungen vor der Annahme eines Gegenangebots

1. Wird mich das Gegenangebot wirklich glücklicher machen?
Der Hauptgrund für eine Kündigung ist meist Unzufriedenheit im Job. Ein höheres Gehalt allein beseitigt diese oft nicht. Wenn es keine nachhaltigen Änderungen an den Ursachen Ihrer Kündigung gibt, wie etwa an der Arbeitskultur oder den Aufstiegsmöglichkeiten, wird die Unzufriedenheit wahrscheinlich bestehen bleiben. Außerdem kann es das Team negativ beeinflussen, wenn bekannt wird, dass Sie ursprünglich gehen wollten.

2. Werde ich langfristig nur hingehalten?
Viele Unternehmen nutzen Gegenangebote, um Zeit zu gewinnen. Sie wissen, dass es schwer ist, kurzfristig Ersatz zu finden, und bieten Ihnen daher bessere Konditionen an, um die Übergangszeit zu überbrücken. Wenn Sie ein solches Angebot annehmen, besteht die Gefahr, dass Sie letztlich nur „auf Zeit“ im Unternehmen bleiben – bis ein geeigneter Ersatz gefunden ist.

3. Was passiert auf lange Sicht?
Eine Kündigung ist ein klares Signal, dass die Loyalität zum Unternehmen nicht mehr voll gegeben ist. Selbst wenn Sie kurzfristig eine Beförderung erhalten, könnten Sie langfristig in eine schwierige Position geraten. Mitarbeitende, die bereits als Wechselkandidaten bekannt sind, haben es oft schwerer, im Unternehmen weiter aufzusteigen oder langfristig ihre Position zu festigen.

Warum Sie standhaft bleiben sollten

Tillmann Schlegel, Geschäftsführer der Personalberatung Greifenberg, warnt vor den Risiken, die mit der Annahme von Gegenangeboten einhergehen: „Ein Gegenangebot mag kurzfristig attraktiv erscheinen, aber es ändert selten die grundlegenden Probleme, die zur Kündigung geführt haben. Statt sich durch plötzliche Zugeständnisse blenden zu lassen, sollten Fachkräfte langfristig denken und ihre Karriereziele im Auge behalten.“

Plötzliche Wertschätzung und attraktive Angebote mögen schmeichelhaft wirken, doch es gibt gute Gründe, an der getroffenen Entscheidung festzuhalten. Letztlich sollten Sie sich immer fragen: Welche Karriereentscheidung bringt mich wirklich weiter und wo möchte ich langfristig hin?