In meiner langjährigen Tätigkeit als Personalberaterin habe ich den Arbeitsmarkt aus vielen Perspektiven beobachten können, und eines ist mir in den letzten Jahren zunehmend aufgefallen: Die Masse an unpersönlichen Headhunter-Nachrichten auf Plattformen wie XING und LinkedIn hat ein Ausmaß erreicht, das sowohl Kandidaten als auch Recruiter frustriert. Erst kürzlich erzählte mir ein Kandidat, er habe allein an einem Tag 17 Headhunter-Nachrichten erhalten – und lediglich mir geantwortet, weil mein Jobangebot tatsächlich für ihn interessant war. Solche Rückmeldungen höre ich immer wieder, und sie unterstreichen das Problem, das viele meiner Gesprächspartner haben: Sie haben schlichtweg keine Lust mehr, in ihre Nachrichtenordner zu schauen.
Was stört Kandidaten an diesen Massenmails?
Immer wieder beschreiben mir Kandidaten, warum sie oft Headhunter Mails gar nicht mehr beachten. Die Nachrichten, die sie erhalten, wirken oft wie Massenware: 08/15-Jobangebote, die weder inhaltlich, hierarchisch noch technologisch zur eigenen Qualifikation oder Erfahrung passen. Ich verstehe diese Frustration sehr gut, denn auch ich erhalte regelmäßig Angebote für Stellen, die weder zu meinem Profil passen noch mein Interesse wecken.
Für Kandidaten, die Wert auf ihren beruflichen Werdegang legen, ist diese Beliebigkeit ärgerlich und entmutigend. Statt sich auf die Plattformen zu freuen und neue, spannende berufliche Möglichkeiten zu entdecken, fühlen sie sich oft mit einer Flut unpassender Jobs konfrontiert, bei denen sie nicht das Gefühl haben, dass ihre Karrierewünsche oder -ziele ernsthaft berücksichtigt werden. Viele meiner Kandidaten haben mir sogar gesagt, dass sie mittlerweile dazu übergegangen sind, die Nachrichten auf XING oder LinkedIn weitgehend zu ignorieren. Und das ist ein echtes Problem – für beide Seiten.
Warum meine Ansprache bei Kandidaten oft Anklang findet
Nun könnte man sich fragen: Was unterscheidet meine Ansprache von unpassenden und unüberlegten Massenmails, die so viele abschrecken? Die Antwort ist simpel und gleichzeitig anspruchsvoll: Ich mache mir Gedanken. Ich versetze mich in die Perspektive des Kandidaten und überlege, ob das Jobangebot, das ich für ihn oder sie habe, tatsächlich einen Mehrwert darstellt. Ich investiere Zeit und Mühe in eine persönliche und auf das jeweilige Profil bzw auf das Jobangebot abgestimmte Nachricht. Ich gebe detaillierte Informationen mit, die entscheidungsrelevant für den Kandidaten ist. Die Person, die ich anspreche, ist für mich kein anonymes Profil, sondern ein Mensch, der eine berufliche Vergangenheit, eine Gegenwart und eine Zukunft hat – ich erkenne ihre Fähigkeiten, Interessen und Karrierezielen an und bringe dies in meiner Ansprache auch zum Ausdruck. Sicher, auch ich liege teils daneben, habe zu viel hineininterpretiert oder schlicht vorhandene Informationen falsch interpretiert. Doch überwiegend gelingt es mir aufgrund meiner Berufserfahrung gut, die Qualifikationen und Fähigkeiten des einzelnen richtig einzuschätzen und eine adäquate Option vorzuschlagen, die einen Mehrwert bieten könnte – sei es fachlich, inhaltlich, perspektivisch, finanziell. Auf jeden Fall interessiere ich mich genau hierfür: was könnte der Mehrwert für diesen einzelnen Kandidaten sein, als Mensch und Person? Und wenn ich einmal daneben liege, biete ich ein Gespräch genau hierüber an, um es das nächste Mal besser zu machen.
Ich bin überzeugt davon, dass Personalberatung mehr sein sollte als das Verschicken von Massenmails auf der Basis schlecht konstruierter Key-Word Seaches, ohne auch nur einmal wirklich das Profil zu analysieren. Eine echte Verbindung aufzubauen, Kandidaten ernst zu nehmen und passende Stellenangebote zu vermitteln, ist der Kern meiner Arbeit. Das bedeutet auch, dass ich Jobangebote, die ich vorstelle, inhaltlich prüfe und mir im Vorfeld genau überlege, ob die Stelle zu den Interessen und Qualifikationen des Kandidaten passt.
Tipps für Kandidaten, um die „Flut“ einzudämmen
Natürlich können auch Kandidaten selbst Schritte unternehmen, um die Menge an irrelevanten Nachrichten zu reduzieren. Hier einige Tipps, die Ihnen helfen können, den Zustrom an unpassenden Angeboten einzudämmen:
- Klare Angaben im Profil: Geben Sie präzise an, welche Positionen und Branchen für Sie inne haben und künftig von Interesse sind. Machen Sie auch Angaben zu Ihrer gewünschten Hierarchiestufe, Technologiepräferenzen und Ihren Stärken. Je detaillierter Ihr Profil, desto eher fällt es Recruitern auf, wenn ihre Stellen nicht passen.
- Genaue Vorstellungen zur Rolle und Aufgabe: Neben allgemeinen Angaben hilft es, explizit zu benennen, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten Sie suchen. Ein klares Zielbild für Ihre nächste Position kann Recruiter davon abhalten, Ihnen unpassende Angebote zu schicken.
- Offene oder geschlossene Haltung gegenüber neuen Angeboten: Wenn Sie aktuell nicht an neuen Möglichkeiten interessiert sind, können Sie dies in Ihrem Profil direkt vermerken oder Headhuntern direkt mitteilen, dass Sie derzeit keine neuen Stellenangebote wünschen. Die meisten Recruiter respektieren solche Angaben. Und ich meine hier nicht die vorgegebenen Status-Filter, sondern ein persönliches Wort im Profil – die Status Angaben werden oft nicht gepflegt, ein persönliches Wort hingegen sollte ernst genommen werden. Denn auch hier stelle ich fest: wenn eine Vakanz wirklich spannend ist und einen Vorteil bietet, wird ein Interesse oft damit auch erst generiert. Unpassende Angebote landen natürlich im Spam oder Papierkorb…
Fazit
In einer Zeit, in der Massenmails und unpersönliche Nachrichten zum Alltag vieler Kandidaten gehören, ist es wichtiger denn je, den menschlichen Aspekt in den Mittelpunkt zu stellen. Die Zukunft der Personalberatung gehört denjenigen, die ihre Arbeit mit Hingabe, Fachkenntnis und echtem Interesse am Einzelnen ausüben. Als Kandidat können Sie durch gezielte Angaben und klare Wünsche dazu beitragen, die Flut an irrelevanten Nachrichten zu verringern – und sich auf die wirklich spannenden Chancen zu konzentrieren.
Wenn ich eins gelernt habe in den nunmehr 16 Jahren als Personalberaterin: Eine authentische und persönliche Kommunikation ist und bleibt der Schlüssel, um aus der Masse hervorzutreten – für Kandidaten wie für Recruiter.