Unternehmen, die auf SAP setzen, stehen unter Zeitdruck. Bis spätestens 2030 muss die Migration auf S/4HANA abgeschlossen sein – vorausgesetzt, sie nutzen das dreijährige Wartungs-Zusatzticket von SAP. Ohne diesen Puffer endet die reguläre Wartung schon 2027. Klingt nach einer langen Zeitspanne? Die Realität zeigt: Viele Firmen kämpfen bereits jetzt mit erheblichen Herausforderungen bei der Umstellung.

Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Horváth läuft kaum eine S/4HANA-Migration wie geplant. Projekte dauern im Schnitt 30 % länger als ursprünglich angesetzt, und nur 8 % der Firmen haben ihren Umstieg pünktlich abgeschlossen. Von den 200 befragten Unternehmen haben bislang gerade einmal 37 ihre Migration vollendet – 57 % stecken noch mitten im Transformationsprozess.

Wenn der Plan nicht mit der Realität mithält

Budget, Zeitrahmen und Qualität – diese drei Faktoren leiden am meisten unter der Komplexität des Migrationsprozesses. Über 60 % der Unternehmen mussten mehr Geld in die Hand nehmen als veranschlagt. In einem Viertel der Fälle wurden die Budgets sogar „deutlich“ überschritten, und bei weiteren 40 % gab es ebenfalls signifikante Mehrkosten.

Doch nicht nur Zeit und Geld sind Problemfelder. Auch die Qualität nach Abschluss der Migration ist ein großes Thema: Fast zwei Drittel der Unternehmen berichten von „schweren bis sehr schweren Mängeln“ nach der Umstellung. Woran liegt das?

Die größten Stolpersteine der SAP-Migration

Die Studie deckt eine ganze Reihe von Ursachen auf, die den Erfolg der S/4HANA-Migration gefährden:

  • Der Umfang des Projekts wächst während der Umsetzung unkontrolliert.
  • Schwächen im Projektmanagement sorgen für Verzögerungen.
  • Die Test- und Datenmigrationsphasen werden unterschätzt.
  • Prozesse müssen immer wieder überarbeitet werden.
  • Entscheidungsprozesse sind langwierig und ineffizient.
  • Fehlentscheidungen führen zu weiteren Korrekturschleifen.

Christian Daxböck, Partner bei Horváth und Leiter der Studie, bringt es auf den Punkt: „Die größten Probleme entstehen durch eine falsche Programmstruktur. Die Komplexität und die notwendigen Ressourcen werden unterschätzt, während die eigene organisatorische Kompetenz oft überschätzt wird.“

Ein weiteres großes Problem ist die Priorisierung: Viele Unternehmen setzen sich zu viele gleichwertige Ziele und versuchen, sie parallel umzusetzen – ein klassischer Fehler im Projektmanagement.

Was Unternehmen heute anders machen würden

Im Rückblick würden 46 % der befragten Unternehmen ihre Projektlaufzeit von Anfang an länger ansetzen. Über 40 % würden von vornherein ein größeres Budget einplanen, und 30 % würden den Projektumfang reduzieren, um sich auf die wichtigsten Elemente zu konzentrieren.

Public Cloud? Nein, danke!

Interessanterweise setzen die wenigsten Unternehmen auf die von SAP bevorzugte Public-Cloud-Lösung. Stattdessen verfolgen über zwei Drittel einen individuellen Ansatz: 48 % setzen auf private Cloud-Lösungen, 19 % bevorzugen sogar eine klassische On-Premises-Installation. Nur knapp 30 % der Befragten gehen den Weg in die Public Cloud.

Die Horváth-Studie basiert auf den Aussagen von 200 SAP-Anwenderunternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 200 Millionen Euro und mindestens 200 Mitarbeitern. Befragt wurden Unternehmen aus der DACH-Region, Nord- und Osteuropa sowie den USA. Die Interviews fanden im ersten Quartal 2025 statt.

Fazit: Kein leichter Weg, aber machbar

Die Umstellung auf SAP S/4HANA ist kein Selbstläufer. Viele Unternehmen unterschätzen die Komplexität, die notwendigen Ressourcen und die Herausforderungen im Projektmanagement. Wer rechtzeitig startet, klare Prioritäten setzt und sich auf die wesentlichen Erfolgsfaktoren konzentriert, hat jedoch gute Chancen, die Migration erfolgreich zu meistern – ohne böse Überraschungen bei Budget, Zeit und Qualität.