Die Diskussionen um das geplante Mitarbeiterbewertungssystem von SAP haben in den letzten Wochen hohe Wellen geschlagen. Personalexperte Axel Hüttmann zeigte sich überrascht über das Ausmaß der Debatte: „Ich bin erstaunt, wie viele Diskussionen es darum gibt,“ sagte er in einem Interview mit CAPiTAL am 11. Dezember. Was aber führte zu dieser intensiven Reaktion?
Am 7. Dezember sickerte durch, dass SAP ein neues System zur Leistungsbewertung seiner Mitarbeiter einführen möchte. Das Handelsblatt berichtete als Erstes, dass Mitarbeiter künftig in drei Kategorien eingeteilt werden sollen: „Performer“, die besonders hohe Bonuszahlungen erhalten, „Achiever“, die die Erwartungen erfüllen, und „Improver“, die sich verbessern müssen. Diese Informationen sorgten für unruhige Zeiten bei SAP.
Die Analyse zeigt vier Gründe, warum diese Pläne so viel Aufsehen erregt haben:
Grund 1: Kommunikationsunfall
Die Ankündigung des neuen Bewertungssystems war nicht geplant. Eine Indiskretion führte dazu, dass die Informationen unvorbereitet an die Öffentlichkeit gelangten. Während SAP im Hintergrund noch an einer offiziellen Kommunikation arbeitete, verbreiteten sich die Gerüchte bereits in den Medien. Ein SAP-Sprecher versuchte, die Debatte zu beruhigen, indem er auf den Leistungswillen der Mitarbeitenden verwies – doch das trug kaum zur Klärung der Situation bei.
Grund 2: Unpassender Zeitpunkt
Die Nachricht schlug an einem Montagmorgen kurz vor Weihnachten ein, einer Zeit, in der die Nachrichtenlage im Bereich Personal ohnehin dünn ist. Für Medien bot das SAP-Bewertungssystem reichlich Stoff zur Spekulation. So zitierte der Online-Dienst t3n eine Ankündigung von Anfang 2023, wonach SAP plane, sich von Mitarbeitern zu trennen. Diese unklare Informationslage heizte die Diskussionen weiter an.
Grund 3: Rückkehr zu alten Methoden
2017 hatte der damalige SAP-Personalchef Wolfgang Fassnacht die Abschaffung des bisherigen Bewertungssystems angekündigt, da es mehr Unzufriedenheit als Nutzen gebracht habe. Die Rückkehr zu einem solchen System nach sechs Jahren löste in den Medien Verwunderung aus. Einige Kommentatoren sahen einen zeitlichen Zusammenhang mit dem Abgang von Cawa Younosi, der kurz zuvor seinen Posten als SAP-Personalchef geräumt hatte.
Grund 4: Gesellschaftliche Debatte um Leistung
Die Diskussion um das SAP-Bewertungssystem fällt in eine Zeit, in der gesellschaftlich viel über Leistung und Druck am Arbeitsplatz diskutiert wird. SAP-Chef Christian Klein hatte nur zwei Wochen zuvor in einem Interview mit der WELT die Einstellung zur Arbeit in Deutschland kritisiert. Diese Aussagen ließen sich leicht mit den Gerüchten um das neue Bewertungssystem verknüpfen, was der Debatte noch mehr Schärfe verlieh.
Einordnung und Ausblick
Inzwischen haben sich die Wogen etwas geglättet, und die Diskussionen verlaufen sachlicher. Viele Experten, wie auch Axel Hüttmann, schätzen, dass eine Mehrheit der DAX-Unternehmen ähnliche Bewertungssysteme verwendet. Die Einführung des neuen Systems könnte sich allerdings noch hinziehen, da es in Deutschland der Mitbestimmung durch den Betriebsrat unterliegt und möglicherweise eine Schlichtung erforderlich ist.
Es bleibt abzuwarten, wie SAP das neue Bewertungssystem offiziell ankündigt und welche Rolle der Betriebsrat in diesem Prozess spielen wird.