Kürzlich habe ich einen Beitrag auf LinkedIn geteilt, in dem ich darüber sprach, was Führungskräfte aus der Kindererziehung lernen können. Das Ganze untermalt mit einem Bild meines Sohnes – charmant lächelnd, wie es eben nur Kinder können. Die Reaktionen? Über 250.000 Reichweite! Wow, dachte ich mir, da habe ich wohl einen Nerv getroffen. Aber welchen?
Emotionen, die wahre Währung von LinkedIn
LinkedIn, das einstige Netzwerk für seriöse Business-Kontakte, scheint sich langsam aber sicher zu einem sozialen Experiment zu entwickeln, bei dem Emotionen die neue Währung sind. Dein Hund hat dich im Homeoffice „unterstützt“? Herzlichen Glückwunsch, dein Beitrag wird durch die Decke gehen. Du hast eine besonders persönliche Geschichte über einen schwierigen Lebensabschnitt? Hier, nimm ein paar tausend Likes. Ein Foto mit deinem Kind, kombiniert mit einer Weisheit über Führungsqualitäten? LinkedIn wird dich lieben. So ging es mir auch mit meinem Beitrag über Kindererziehung und Führungsstile.
Aber Achtung, das ist nicht ohne Risiko! Kaum war der Beitrag online, fühlten sich einige Menschen ohne Kinder direkt angegriffen. Kommentare wie: „Was ist mit uns, die keine Kinder haben? Können wir keine guten Führungskräfte sein?“ kamen prompt. Und da war es, das typische LinkedIn-Polarisierungsspiel: Emotional, polarisierend und – zack – die Reichweite explodiert.
Der Algorithmus, der uns durchschaut
Es ist kein Geheimnis, dass LinkedIn, ähnlich wie andere soziale Plattformen, Beiträge bevorzugt, die Engagement erzeugen. Aber was bedeutet Engagement wirklich? Likes, Shares und – am besten – Diskussionen. Je mehr Menschen emotional reagieren, desto mehr schiebt der Algorithmus den Beitrag nach oben. Dein Beitrag kann die tiefgründigste Analyse zur Marktentwicklung enthalten – wenn du es nicht schaffst, Emotionen zu wecken, wirst du übersehen.
Die Logik dahinter ist einfach: Plattformen wollen, dass wir Zeit darauf verbringen. Und was hält uns mehr fest als ein heißer Diskussionsthread unter einem Beitrag, bei dem sich die Leute gegenseitig zerfleischen? Wir lieben Drama, wir lieben Emotionen. Und LinkedIn weiß das.
Und dann kommen die Katzenbabys…
Doch was haben Katzenbabys mit Personalberatung zu tun? Ganz einfach: nichts. Aber genau deshalb funktionieren sie so gut! Denn genau wie Hunde, Kinder oder die neueste Yoga-Pose am Strand, sind sie Emotionen pur. Stell dir vor, ich poste ein Bild eines niedlichen Katzenbabys mit dem Satz: „So fühlen sich Bewerber, wenn der Recruiter sie ghostet.“ Was glaubst du, was passiert? Reichweite, Likes, Shares – die volle Ladung. Ein harmloses Tierbild gekoppelt mit einer emotionalen Botschaft. Boom. LinkedIn liebt es.
Doch das bringt uns zur eigentlichen Frage: Möchte ich, dass meine Personalberatung durch süße Tierbilder und Kinderfotos bekannt wird? Wahrscheinlich nicht. Denn während Katzenbabys für den Moment gut ankommen, haben sie langfristig nichts mit der Marke oder der Expertise zu tun, die ich repräsentieren möchte.
Was heißt das für uns als Profis?
Nun, ich könnte an dieser Stelle aufhören und einfach sagen: „Postet mehr Bilder von Katzenbabys und Kindern!“ Aber das wäre zu einfach – und ehrlich gesagt auch etwas traurig. Denn wenn wir wollen, dass LinkedIn ein Ort bleibt, an dem wir ernsthafte berufliche Beziehungen aufbauen, Wissen teilen und uns weiterentwickeln können, sollten wir vielleicht einen Schritt zurücktreten und uns fragen, was wir wirklich posten wollen.
Wollen wir wirklich, dass unsere professionellen Netzwerke von emotionalen und polarisierenden Beiträgen dominiert werden? Ist es das, was unseren Markenkern langfristig stärkt? Oder sollten wir doch lieber auf Inhalte setzen, die uns als Experten positionieren und echte Mehrwerte bieten – auch wenn der Algorithmus diese vielleicht nicht ganz so schnell pusht?
Fazit: Der Algorithmus macht uns nicht besser, aber er zeigt uns den Spiegel
Am Ende des Tages entscheidet jeder selbst, was er postet und wie er sich auf LinkedIn präsentieren möchte. Der Algorithmus wird uns weiterhin mit emotionalen Belohnungen ködern – und wir werden weiterhin darauf reinfallen, zumindest ein Stück weit. Aber vielleicht hilft es, sich bewusst zu machen, dass nicht jeder Like und nicht jede Reichweite wirklich bedeutet, dass wir etwas Wertvolles beigetragen haben. Vielleicht sollten wir den Algorithmus manchmal austricksen und einfach posten, was uns wirklich wichtig ist – auch wenn es nicht sofort 250.000 Menschen erreicht.